die flucht

Meine Freundin Rosi hat einen wunderschönen, großen Garten, den sie liebevoll pflegt. Sie kennt so ziemlich alle Pflanzen mit ihrem lateinischen Namen und weiß auch, was sie brauchen, um gesund zu wachsen und zu blühen. Ihre Liebe zum Garten möchte sie auch allen Mitmenschen zugänglich machen. Sogar mir, obwohl sie sich in meinem Fall irgendwie schwertut. "Du würdest am liebsten Plastikblumen und Kunstrasen in deinem Garten haben!", meinte sie eines Tages vorwurfsvoll. Dagegen konnte ich nichts vorbringen. Man konnte an dem verwilderten Grundstück - genannt Garten - deutlich erkennen, dass ich kein Fan von Gartenarbeit bin. Man reißt Unkraut aus und in der nächsten Woche ist es wieder da. Sisyphus lässt grüßen! Vor kurzen hatte sie mich in ein Gartencenter geschleppt, weil ich dringend Sträucher an der Grundstücksgrenze zum rechten Nachbar brauchte. Meinte sie zumindest. Sie hatte mir die Sträucher auch eingesetzt, was zugegeben auch ziemlich langweilig war. Die Frau ist eine Perfektionistin und deshalb dauert es enorm lange, bis sie endlich eine Pflanze im Boden verankert. Wir hatten gar fünf Stück. Das dauerte eine kleine Ewigkeit!

Pflanzen gibt es nicht geschenkt. Aber ohne ordentliche Sträucher war mein Garten unvollständig. Davon war sie überzeugt. Da kam ihr eine ideale Idee! "Weißt du was? Wir gehen in den Wald und graben einige Eiben aus. Das kostet gar nichts und schaut gut aus. Wenn sie das sagt! Eine Eibe gab es sogar schon im Garten. Die hatte vor vielen Jahren mein Onkel im Wald ausgegraben und in den Garten gesetzt. Daraus war ein riesengroßer Baum geworden, weil niemand sich aufraffen konnte, ihn zu schneiden. Von daher war ich schon etwas skeptisch, aber bitte: Wenn sie meint, das wäre eine gute Idee! Sie ist die Gärtnerin.

 

Schon bald machten wir uns auf den Weg, ausgerüstet mit 2 Schaufeln und Plastikbehälter. Eiben gab es im Wald genug.

 

Wie sich herausstellte, war der Waldboden leider hart wie Beton. Schon begann ich an der Sinnhaftigkeit unserer Unternehmung zu zweifeln. Es war schon schwer, eine Pflanze aus dem Boden zu bekommen. Wir aber wollten gleich viele! Immer wieder rammten wir das Werkzeug in die Erde, die ihr Produkt nicht und nicht auslassen wollte. Doch plötzlich geschah etwas, das unsere Bemühungen zunichtemachte. Etwas, mit dem wir nicht gerechnet hatten! Man griff uns ohne Vorwarnung an! Aus dem geöffneten Boden sausten zornige Erdwespen hervor, um sich direkt auf uns zu stürzen. Die Freundin hatte keine Chance. Sie wurde als erste angegriffen und auch gleich gestochen. "Au!", schrie sie und wich zurück. Erdwespen können mehrmals stechen, was dieses Biest auch tat.

 

"Nichts wie weg! Schnell, lauf!", rief ich ihr zu. Uns blieb gar nichts anderes übrig, als das Weite zu suchen. Die Schaufeln ließen wir fürs Erste liegen, in der Hoffnung, später wiederzukommen. Im Augenblick war es uns nämlich zu gefährlich, wieder in die Nähe des Nestes zu gehen. Die Tiere stellten die Angriffe nämlich nicht ein, sondern verfolgten uns! "Au! Au!" Mir kam die Situation sehr komisch vor. Schmerzhaft ja, aber komisch auch. Ich musste unwillkürlich lachen, aber Rosi war stinksauer. Es wurden keine Eiben in meinem Garten gepflanzt.